Ein Märchen

Mittwoch, 5. 04. 06

Ein Märchen

Es war einmal ein Märchen. Und dieses eine Märchen war genauso ein Märchen wie jedes andere. Es begann wie jedes andere und womöglich hört es auch auf wie jedes andere. Dieses Märchen war geschrieben worden, um eben ein Märchen wie jedes andere zu sein. Ein Märchen, das wie jedes andere das Glück hat ein Märchen zu sein und für jemanden, vielleicht dich, geschrieben worden zu sein.
Also, beginnen wir noch einmal….
Es war einmal ein kleiner Junge. Ein sehr starker, kleiner Junge, der gerne anderen zeigte was er alles konnte. Er konnte ja auch wirklich eine Menge Dinge tun, vor denen andere Kinder eine riesen Angst hatten und den Tränen nahe waren wenn er wieder was ausgeheckt hat und sich dann am liebsten wünschten, ihre Eltern würden dem nur zeigen dass das was er macht gar nicht gut und wirklich schlimm ist.
Der kleine Junge, der übrigens Tom hieß, war also sehr tapfer. Manche Kinder meinten, sogar die Lehrer hätten Angst vor ihm, weil er im Unterricht so störte. Immer wenn alle still waren plapperte er ohne Ende und wenn er etwas gefragt wurde tat er so als würde er nichts hören und sah schnell weg. Die Mädchen aus seiner Klasse gingen ihm gerne aus dem Weg. Man hört schlimme Geschichten über Tom. Ein Mädchen hat erzählt, er würde den Mädchen fiese kleine Heuschrecken oder Spinnen in die Haare stecken. Und manchmal, ganz selten soll es auch schon passiert sein, dass er sich geprügelt hat mit anderen Jungs aus seiner Klasse.
„Das weiß doch jeder, dass der Tom sich was traut“, sagen die einen. Andere haben einfach Angst vor ihm und trauen sich nicht einmal in seine Nähe. Das alles weiß Tom. Der starke, kleine Tom. Er weiß dass die Mädchen sich vor ihm fürchten und genauso weiß er, dass die anderen Jungs aus seiner Klasse ihn dafür beneiden, dass er sich so viel traut und nie Angst hat. Nein, Tom hat nie Angst, oder etwa doch?
Man hat doch selber immer so viel Angst. Angst vor dem Schlafengehen, Angst alleine zu sein, vor allem wenn es draußen dunkel wird und man wilde, grässliche Schatten an der Wand herumwandern sieht die aussehen wie tausend kleine Monster. Ja, man hat so viel Angst dass man gar nicht weiß wo man anfangen soll. Wenn die Eltern mit einem schimpfen kann man sich schon ziemlich fürchten und die Schule ist ja manchmal wirklich nervig und wenn dann so ein Junge wie Tom in seiner Klasse ist…oh nein, daran will man erst gar nicht denken. Angst ist schon eine ziemlich blöde Erfindung.
Am liebsten würde man sich gar nicht mehr fürchten müssen. Nie wieder Angst haben müssen und ganz tapfer sein. Das denken viele Kinder. Ja, nicht nur Kinder. Auch Erwachsene denken das. Und ein kleiner, tapferer Junge denkt das gleiche. Ein starker Junge, der jeden Tag zeigt wie mutig er ist. Der sich immer wieder neue Streiche ausdenkt, damit sich andere so richtig fürchten. Dieser tolle Junge hat jeden Tag Angst. Er hat Angst vor der Schule, davor dass sich ein Ungeheuer unter seinem Bett versteckt, dass ihn andere nicht mögen, dass er wieder Streit mit seinen Eltern hat, weil seine Lehrer zuhause angerufen haben und erzählt haben wie unaufmerksam und schlimm er war. So viel Angst dass er eigentlich gar nicht weiß wo er anfangen soll zu erzählen.
Ja, Tom hat schon so viel Angst dass er sich gar nicht traut davon zu erzählen und sich lieber irgendwo versteckt wo ihn keiner findet. Was würden denn die anderen denken wenn sie das alles wüssten? Die würden ihm ja gar nicht glauben. Nein, nicht Tom, dem mutigsten Jungen aus ihrer Klasse.

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